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Die rechtsextreme Ideologie des mutmaßlichen Magdeburg-Attentäters
Die rechtsextreme Ideologie des mutmaßlichen Magdeburg-Attentäters
Jakob Guhl
Mitarbeit: Guy Fiennes
22.02.2025
Die englische Fassung finden Sie hier!
Diese ISD-Analyse verdeutlicht, dass der mutmaßliche Attentäter von Magdeburg im Vorfeld des Anschlags im Internet durch konsequent rechtsextreme und antimuslimische Ansichten auffiel.
Entgegen der Behauptung, er habe keine klare Ideologie vertreten, zeigt sich auf dem X-Profil des mutmaßlichen Attentäters über 8 Jahre lang eine starke thematische und ideologische Konsistenz.
Am 20. Dezember 2024 wurden bei einem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Magdeburg sechs Menschen getötet und Hunderte verletzt. Obwohl der Modus Operandi und das Anschlagsziel an den islamistisch-extremistischen Anschlag am Berliner Breitscheidplatz 2016 erinnerten, bei dem zwölf Menschen getötet wurden, deutete die Berichterstattung bald darauf hin, dass es sich bei dem mutmaßlichen Magdeburger Attentäter um einen Ex-Muslim aus Saudi-Arabien handelte. Entgegen der Behauptung, dass die Ideologie des Attentäters schwierig einzuordnen sei, deutet diese ISD-Analyse des Profils des mutmaßlichen Attentäters auf X (ehemals Twitter) darauf hin, dass er über einen längeren Zeitraum konsequent rechtsextreme, antimuslimische Ansichten vertrat.
Am 20. Dezember 2024 wurden bei einem Anschlag in Magdeburg sechs Menschen getötet und 299 Personen verletzt, als ein Auto in eine Menge beim Weihnachtsmarkt gefahren war. Die Vorgehensweise und das Ziel erinnerten an den islamistisch-extremistischen Terroranschlag von 2016 in Berlin. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass der mutmaßliche Magdeburger Attentäter Taleb al-Abdulmohsen kein islamistischer Extremist, sondern ein Ex-Muslim aus Saudi-Arabien war.
Nach dem Anschlag in Magdeburg ist eine öffentliche Debatte über die Ideologie des mutmaßlichen Attentäters entbrannt. Dabei wurde vielfach argumentiert, der Attentäter sei nicht eindeutig zuzuordnen und passe in keine bestehende Schublade. Dies spiegelt eine breitere Diskussion über den Anstieg hybrider, instabiler oder inkohärenter extremistischer Ideologien wider. In Deutschland zeigen die jährlichen Statistiken zur politisch motivierten Kriminalität seit 2020 einen deutlichen Anstieg der Fälle, in denen sich keine klare Ideologie erkennen ließ.
Dies ist keine abstrakte Debatte über Definitionen und Kategorien. Die Berichterstattung seit dem Anschlag in Magdeburg hat 105 Fälle aufgedeckt, in denen lokale Behörden, Polizei und Nachrichtendienste sich vor dem Anschlag mit dem vermeintlichen Attentäter befasst hatten. Dabei gab es Hinweise, dass der mutmaßliche Attentäter von Magdeburg von den Behörden nicht ernstgenommen wurde, da er vermeintlich in keine klare ideologische Kategorie passte. Terrorismusforscher plädierten daher dafür, eine neue Bedrohungskategorie einzuführen, die Täter*innen mit „gemischter und instabiler Motivation“ erfasst.
Wie wichtig es ist, schwierige Fälle gründlich zu prüfen und die geeigneten Interventionsmechanismen zu identifizieren, wurde kürzlich im Vereinigten Königreich durch die Ermittlungen gegen den Attentäter von Southport deutlich, der im Juli 2024 drei Mädchen auf einer Taylor-Swift Tanzparty tötete. Warnungen zum Attentäter wurden über Jahre hinweg ebenfalls nicht eskaliert, da er keine eindeutigen Anzeichen einer ideologischen Radikalisierung aufwies.
In diesem Artikel wird auf der Grundlage einer Analyse des X-Profils des Attentäters von Magdeburg jedoch argumentiert, dass seine Ideologie weder neu noch gemischt oder verwirrend ist. Stattdessen kommen wir zu dem Schluss, dass er eindeutig als von der Counter-Jihad Bewegung inspiriert eingestuft werden kann. Die Counter-Jihad Bewegung ist ein loses Netzwerk von Bloggern, Denkfabriken und Organisationen, die antimuslimisches und oft rechtsextremes Gedankengut propagieren. Es ist anzumerken, dass die ideologischen Sympathien des Magdeburger Attentäters für Rechtsextremismus nicht repräsentativ für das Milieu der Ex-Muslimen ist. Auch deshalb geriet der mutmaßliche Attentäter mit anderen ex-muslimischen Aktivist*innen in Konflikt.
Laut seinem Profil auf X twitterte al-Abdulmohsen 121.300-mal zwischen März 2016 und Dezember 2024. Mit Hilfe der Social-Media-Analysesoftware Brandwatch konnte das ISD jedoch nur 117.271 Tweets abrufen. Davon waren 99.884 auf Arabisch, 6.513 auf Englisch und nur 527 auf Deutsch. Darüber hinaus konnten 10.058 Nachrichten keiner eindeutigen Sprache zugeordnet werden, von denen viele simple Aufrufe zum Retweeten eines Links oder eines Accounts waren (z. B. in den hypothetischen Beispielen „RT @Elon Musk“ oder „RT X.com“).
Der mutmaßliche Täter gewann im Laufe der Jahre stetig eine beträchtliche Anzahl von Follower hinzu und erreichte im Juni 2022 30.000 und im Mai 2023 40.000 Follower. Nach dem Anschlag von Magdeburg gewann zusätzlich knapp 6.000 Follower (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Der mutmaßliche Täter gewann nach dem Anschlag 6.000 am 20. Dezember knapp 6.000 Follower hinzu.
Laut den Daten des Analysetools Social Blade scheint der mutmaßliche Attentäter zwischen August und Oktober 2022 kurzzeitig über 50.000 Follower*innen hinzugewonnen zu haben. Danach sank seine Followerschaft jedoch schnell wieder auf knapp unter 40.000. Seine Beiträge resultierten in dieser Zeit jedoch nicht in ungewöhnlich vielen Interaktionen. Das ISD kann den Grund für diese Anomalie nicht endgültig feststellen. Es ist jedoch denkbar, dass der mutmaßliche Attentäter Follower*innen auf X gekauft hatte, die später von der Plattform entfernt wurden.
Abbildung 2: Das analysierte Konto gewann zwischen August und Oktober 2022 temporär über 50.000 Follower.
Das ISD lud den gesamten X-Verlauf des mutmaßlichen Attentäters über Brandwatch herunter. Unsere Analyst*innen untersuchten anschließend die 20 am häufigsten retweeteten Beiträge jedes Jahres von 2016 bis 2024 (insgesamt 180 Beiträge), um die wichtigsten Themen und Ziele zu identifizieren, die uns Hinweise auf die Ideologie des mutmaßlichen Täters geben können.
Bei der Analyse der gesammelten Beiträge ordneten die ISD-Analyst*innen dem Inhalt induktiv Themen zu. Immer, wenn neue thematische Kategorien hinzukamen, welche die zuvor festgelegten Kategorien in Frage stellten, wurden alle bereits kodierten Beiträge erneut überprüft, um sicherzustellen, dass sie immer noch angemessen gekennzeichnet waren. Auf diese Weise entstand ein iterativer Prozess zwischen der Analyse des Inhalts und der Ermittlung von Themen. Falls zutreffend, notierten die ISD-Analyst*innen auch das Ziel der Kritik jedes Beitrags.
Entgegen der These, der mutmaßliche Attentäter habe keine klare Ideologie vertreten, lässt sein X-Profil auf eine starke thematische und ideologische Konsistenz über einen Zeitraum von über 8 Jahren schließen. Zwischen März 2016 und Dezember 2024 kritisierte er auf X wiederholt den Islam und seine negativen politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Nur in äußerst seltenen Fällen sprach der mutmaßliche Attentäter über Themen, die nichts mit dem Islam, Muslimen oder Saudi-Arabien zu tun haben. Dazu gehörten Diskussionen über die Evolution und die Befürwortung von Impfstoffen, was im Einklang mit seiner Betonung der Wissenschaft gegenüber dem religiösen Glauben steht.
Von den 180 analysierten Beiträgen entfielen 159 auf eines der folgenden Themen:
Die meisten der verbleibenden 21 Beiträge, bei denen ein kohärentes Thema identifiziert werden konnte, kreisten um verwandte oder wenig überraschende Themen, darunter Kritik an der Hisbollah und der katarischen Monarchie sowie Kritik an der Medienberichterstattung über den Islam. Vereinzelt erklärte der mutmaßliche Attentäter seine Wertschätzung für das Judentum.
Abbildung 3: Die häufigsten Themen in den vom ISD untersuchten Inhalten des Verdächtigen
Bereits 2016 bezeichnete der mutmaßliche Täter Muslime als intellektuell minderwertig und primitiv: „Es reicht nicht aus, den Muslimen die Wahrheit zu erklären. Man muss erst einen neuen Verstand implantieren, um ihre Anti-Fakten-Disposition zu ersetzen.“ Ähnlich feindselige Ansichten vertrat er gegenüber Arabern und sagte, dass in einem geplanten Buch „Argumente speziell für Araber vereinfacht werden. Ich habe erkannt, dass Araber nicht sehr gut auf westlich geprägte Argumente reagieren.“ Im September 2016 stellte er das sunnitisch-schiitische Sektierertum dem Wunsch des Westens gegenüber, „etwas Nützliches für die Menschheit zu erfinden und es … [ihrer] …. Liste der vielen Erfindungen hinzuzufügen.“
Ebenso stellte er wiederholt islamistischen Extremismus und Terrorismus als authentische Ausdrucksformen des gesamten Glaubens dar. Im Februar 2017 retweetete er beispielsweise ein Zitat des Autors Sam Harris, in dem es heißt: „Es ist an der Zeit, dass wir zugeben, dass wir uns nicht im Krieg gegen den ‚Terrorismus‘ befinden. Wir befinden uns im Krieg mit dem Islam“ (siehe Abbildung 4). Im August 2017 bezeichnete der mutmaßliche Täter den Islam als „schlimmer als die Pest“. Im Juli 2019 machte er deutlich, dass es sein Ziel sei, den Islam vollständig abzuschaffen, und argumentierte: „Um den Islam auszurotten, muss man den emotionalen Reflex ausschalten, den Muslime als explosive Wut zeigen, wenn sie Kritik an ihrer Religion hören.“
Abbildung 4: Der Verdächtige retweetet ein Zitat des Autors Sam Harris.
Diese Beiträge spiegeln die Überzeugungen der Counter-Jihad Bewegung wider, einem losen Netzwerk rechtsextremer Blogger*innen, Aktivist*innen und Think Tanks, die den Islam als totalitäre Ideologie betrachten, die mit liberalen Werten unvereinbar ist. Die Bewegung entstand als Reaktion auf Ereignisse wie die Anschläge vom 11. September 2001 und den Aufstieg des islamistischen Extremismus (der als authentischer Ausdruck des „wahren“ Islam angesehen wird). Ein wichtiges Narrativ kreist um die wahrgenommene Bedrohung durch eine „Islamisierung“ westlicher Gesellschaften, die sich in ein angebliches „Eurabien“ zu verwandeln drohen.
Der mutmaßliche Täter nutzte seinen X-Account, um Verschwörungsmythen über die angeblichen Gefahren der „Islamisierung“ zu verbreiten. Im März 2016 warnte er beispielsweise vor der „Islamisierung Europas“ und argumentierte, dass „viele Menschen die dem Islam innewohnenden Gefahren unterschätzen“. Später, im August 2016, präzisierte er, was er unter diesen inhärenten Gefahren verstand: „Islamisierung bedeutet: Das Ende des wissenschaftlichen Vorsprungs, den Verfall der Kunst und die Zerstörung der Zivilisation.“ Um dem entgegenzuwirken, sprach er sich im März 2019 dafür aus, dass die deutsche Regierung „den Satz ‚Der Koran kann tödlich sein‘ auf jedes Exemplar des Korans schreiben sollte, in Anlehnung an die Warnhinweise auf Zigarettenpackungen“.
Im Dezember 2023 retweetete der mutmaßliche Täter einen Beitrag, in dem er für die identitäre Schweizer Frauengruppe Collectif Némésis warb und die „Islamisierung der Schweiz“ kritisierte. Im selben Monat teilte er auch einen Beitrag, in dem er die angebliche Islamisierung Londons und Europas anprangerte. Im März 2024 teilte der mutmaßliche Täter einen Beitrag, in dem er den Islam beschuldigte, den „Bevölkerungsaustausch“ zu fördern.
Der mutmaßliche Magdeburger Attentäter propagierte nicht nur Counter-Jihad Narrative wie das der „Islamisierung“, sondern unterstützte auch eine Reihe rechtsextremer Parteien und Personen. In Deutschland unterstützte er wiederholt die in Teilen rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD), insbesondere in Bezug auf deren Ansichten über den Islam, Muslime und Einwanderung. Im Juni 2017 erklärte der Verdächtige, dass „ich und die AfD denselben Feind bekämpfen, um Deutschland zu schützen“. Bemerkenswerterweise retweetete er im Dezember 2017 einen Beitrag der heutigen AfD-Vorsitzenden Alice Weidel, in dem sie den Islam für die Gefährdung von Weihnachtsmärkten verantwortlich machte (siehe Abbildung 5). Zwar muss weiterhin geklärt werden, warum der mutmaßliche Täter ein Anschlagsziel wählte, das häufig mit islamistisch-extremistischen Anschlägen in Verbindung gebracht wird, aber es ist klar, dass er sich der Symbolik bewusst war.
Abbildung 5: Der mutmaßliche Täter retweetet die AfD-Vorsitzende Alice Weidel, die den Islam für die Gefährdung der Weihnachtsmärkte verantwortlich macht (links). Der mutmaßliche Täter retweetet den ehemaligen AfD-Politiker Andre Poggenburg (rechts).
Nach dem tödlichen Anschlag in Mannheim im Juni 2024, bei dem ein islamistischer Extremist den islamfeindlichen Aktivisten Michael Stürzenberger angriff und einen einschreitenden Polizisten tötete, retweetete der mutmaßliche Magdeburger Attentäter einen Beitrag, in dem es hieß: „Nur von der AfD haben wir den Ausweg aus dem Wahnsinn zu erhoffen.“ Im September 2024 postete der Verdächtige ein weiteres Video von Alice Weidel, in dem sie angeblich über „die Wahrheit über Einwanderung in Europa“ spricht. Bemerkenswert ist, dass in dem Video nicht ausdrücklich der Islam oder Muslime erwähnt werden, sondern stattdessen die Behauptung aufgestellt wird, dass die Migration die Kriminalität erhöht habe.
Abbildung 6: Der mutmaßliche Täter retweetet einen Pro-AfD-Post (links). Der mutmaßliche Täter retweetet einen migrationskritischen Post mit der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel (rechts).
Neben der AfD unterstützte der mutmaßliche Täter auch internationale Rechtsextremisten, welche die Ideologie des Counter-Jihad propagieren, einschließlich des niederländischen Politikers Geert Wilders. Im April 2019 retweetete der Verdächtige einen Beitrag, in dem Wilders die Aufhebung der Religionsfreiheit für Muslime rechtfertigte; im Jahr 2020 teilte er mehrere Tweets von Wilders, in denen er dazu aufrief, „den Islam zu stoppen“ oder „den Muhammadanismus zu stoppen“. Im August 2024 teilte er einen Beitrag, in dem er Wilders einen „Helden“ nannte.
Abbildung 7: Der Verdächtige retweetet Beiträge, die den rechtsextremen Politiker Geert Wilders unterstützen.
Bereits im Dezember 2016 äußerte der mutmaßliche Täter seine Unterstützung für den britischen Rechtsextremisten und muslimfeindlichen Aktivisten Tommy Robinson. Robinson war der Gründer und ehemalige Anführer der English Defence League (eine der wichtigsten Protestbewegungen der frühen Counter-Jihad Bewegung). Im Mai 2024 retweetete der mutmaßliche Täter Robinson mit der Aussage, dass „die Verwendung des Wortes Islamismus entlässt den Islam aus der Verantwortung. Das Problem ist der Islam“. Im Oktober 2024 teilte der mutmaßliche Täter einen Tweet von Robinson, in dem er für sein neues Buch warb, das seiner Meinung nach „alle Beweise für den Austausch der Europäer durch die Oligarchie“ enthält.
Abbildung 8: Der Verdächtige retweetet Beiträge des rechtsextremen Aktivisten Tommy Robinson.
Ab 2020 wurden die Beiträge des mutmaßlichen Attentäters immer kritischer gegenüber Deutschland und der Haltung der deutschen Behörden zum Islam. In seinen Beiträgen beschuldigte er die deutsche Polizei und den deutschen Staat, ex-muslimische und saudische Asylbewerber*innen zu verfolgen und gleichzeitig den politischen Islam zu unterstützen. Ab 2019 nahm er auch eine säkulare Flüchtlingshilfsorganisation ins Visier. Er beschuldigte sie der Korruption und der unzureichenden Untersuchung von Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs und versuchte wiederholt, sie zu verklagen. Darüber hinaus drohte er dem deutschen Staat und der deutschen Gesellschaft gewalttätige Vergeltungsmaßnahmen wegen der öffentlichen Finanzierung dieser Organisation an. In einem Beispiel vom Mai 2024 schrieb der Verdächtige, dass er „erwartet, in diesem Jahr zu sterben“ und dass er „um jeden Preis für Gerechtigkeit sorgen wird“, da „die deutschen Behörden jeden friedlichen Weg zur Gerechtigkeit behindern“. Nach dem Mannheimer Anschlag im Juni 2024 behauptete er, dass die „deutsche Polizei der echte Treiber des Islamismus in Deutschland“ sei. Der mutmaßliche Attentäter argumentierte auch, dass die AfD gebraucht werde, um „die Polizei vor sich selbst zu schützen“.
Abbildungen 9-12: Der mutmaßliche Attentäter verwendet bedrohliche Sprache.
Der mutmaßliche Attentäter des Magdeburger Anschlags vertrat eindeutig eine rechtsextreme Ideologie, die sich auf Narrative der Counter-Jihad Bewegung und Verschwörungsmythen stützt. Dazu gehörten Behauptungen über die „Islamisierung“ Europas, essentialisierende und dämonisierende Beschreibungen des Islam und Rechtfertigungen für die Diskriminierung von Muslimen. Er teilte häufig Inhalte von Personen und Organisationen, die mit der Counter-Jihad Bewegung in Verbindung stehen.
Angesichts der bemerkenswert konsistenten Überzeugungen in seinem digitalen Profil über einen Zeitraum von fast neun Jahren scheint die Verwirrung über die Ideologie des mutmaßlichen Attentäters zum Teil auf seine Identität als saudischer Staatsbürger zurückzuführen zu sein, der den Islam verlassen hat. Auch wenn dies in der Tat ein ungewöhnlicher Hintergrund für einen gewalttätigen extremistischen Attentäter ist, deutet die obige Analyse stark darauf hin, dass er tief in ein ideologisches Online-Ökosystem eingetaucht war, das rechtsextreme und antimuslimische Ansichten vertritt.
Eine weitere Quelle der Verwirrung ist seine Entscheidung, einen Weihnachtsmarkt – Symbol einer langstehenden deutschen Tradition – in einer AfD-Hochburg ohne nennenswerte muslimische Community anzugreifen. Ähnliche Angriffe mit Fahrzeugen auf öffentliche Versammlungen werden im Allgemeinen eher mit islamistischen Extremisten in Verbindung gebracht. In Anbetracht der ideologischen Ansichten des mutmaßlichen Attentäters wären Muslime oder einwanderungsfreundliche Politiker*innen ein naheliegenderes Ziel gewesen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass Angriffe rechtsextremer Täter auf traditionelle deutsche Feste kein Einzelfall sind. So verübte beispielsweise ein Rechtsextremist einen Anschlag auf das Oktoberfest im Jahr 1980 und tötete 13 Menschen.
Es ist hierbei darauf hinzuweisen, dass die Beiträge des mutmaßlichen Täters von Magdeburg in den letzten fünf Jahren immer kritischer gegenüber Deutschland wurden. Er machte die deutschen Behörden für die Verfolgung ehemaliger muslimischer Asylbewerber*innen und islamkritischer Aktivist*innen sowie für die Förderung des Islam verantwortlich. Ob der mutmaßliche Täter mit dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt Rache am deutschen Staat und an der deutschen Gesellschaft nehmen wollte, wird eine zentrale Frage in seinem Prozess sein.
Gemischte, instabile oder widersprüchliche Ideologien verdienen mehr Aufmerksamkeit von politischen Entscheidungsträger*innen, Sicherheitsbehörden und Forschenden. Dies sollte jedoch nicht bedeuten, dass wir unzureichend verstandene, aber in sich konsistente Ideologien einfach als gemischt oder inkohärent bezeichnen. Um die von extremistischer Gewalt ausgehende Gefahr wirksamer einzudämmen, müssen wir gegebenenfalls auch klare ideologische Einstufungen vornehmen. Stabile ideologische Strömungen stellen nach wie vor eine ernsthafte Sicherheitsbedrohung dar, selbst wenn sie sich auf eine unerwartete Art und Weise manifestieren.
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